Das Stadtarchiv Kempten und seine Bestände

VIII. Die Sammlung Merkt

Archive sind keine Sammlungen, das Archivgut wächst ihnen in der Regel auf der Grundlage von Satzungen und Vorschriften aus den Registraturen von Behörden zu. Gerade im Bereich der zeitgeschichtlichen Dokumentation un­terhalten heute aber auch viele Archive Sammlungen zur Ergänzung ihres Ar­chivgutes. Besonders kommunale Archive verfügen zumindest über Material zu wichtigen Persönlichkeiten der Ortsgeschichte, sei es in Form von Nachlässen oder wenigstens Presseausschnitten.

Eine wesentliche Rolle für das Stadtarchiv Kempten spielt der frühere Oberbürgermeister Dr. Otto Merkt (1877-1951, Amtszeit 1919-1942), der das Archiv mit der Anlage weitläufiger Sammlungen tatkräftig unterstützte: Heute befinden sich im Stadtarchiv Kempten sowohl der umfangreiche Nachlass Merkt (104 Archivboxen auf 17 laufenden Regalmetern) als auch die Sammlung Merkt, eine Dokumentation zur Geschichte Kemptens und des Allgäus, die hier kurz vorgestellt werden soll. Die Unterlagen werden weitgehend noch heute in den original Merkt’schen Holzschränken aufbewahrt (3 dreitürige und 7 doppeltürige Schränke), die in Raum 105 Sammlung Merkt aufgestellt sind.

Einen ersten Schwerpunkt bilden Akten und Unterlagen zu den Burgen, Mühlen, Schanzen und Galgen des Allgäus. Daneben sind die Texte zu den von Merkt initiierten und überwiegend auch gestifteten Haustafeln zu nennen. Eine Fundgrube innerhalb der Sammlung Merkt stellt die Sammlung Allgäu dar: Hier handelt es sich um großformatige Mappen und Um­schläge mit Einzelnotizen, Zeitungsausschnitten, Briefen, Bildern und sonstigem Material zu jeder Gemeinde des Allgäus und um (ebenfalls alphabetisch geordnete) Sachsammlungen zu Themen (Beispiel Buchstabe H) wie Handel, Handwerker, Hausbau, Hausinschriften, Haus­industrie, Hausnamen, Heilige, Heimatforscher, Heinzen, Heraldik, Herdebuch, Hexenprozess, Heu, Hirtenkinder usw. So kann man sehr gut Zugang zu den unterschiedlichsten Themen gewinnen. Die meisten der heute über 1200 Mappen wurden und werden bis zur Stunde fortgeführt und aktualisiert. Natürlich fällt der Inhalt einzelner Mappen quantitativ wie qualitativ sehr unterschiedlich aus – von einzelnen Notizen und Blättern bis hin zu umfangreichen Konvoluten. Das Material enthält in der Regel freilich keine Originalquellen und kann deshalb etwa im Rahmen der Recherche zu einer Ortschronik keine weiterführenden Archivstudien ersetzen. So finden wir Originalquellen wie Urkunden beispielsweise zur Geschichte des früher fürststift-kemptischen Betzigau weder in der Sammlung Merkt noch sonst im Stadtarchiv Kempten, sondern aufgrund der – hier maßgeblich durch die Säkularisation bestimmte – Entwicklung der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte im Staatsarchiv Augsburg. Sodann setzen Allgäuer Karten, Flurnamen und Hausnamen einen weiteren Schwerpunkt. Nicht zu vergessen das reichhaltige Bildmaterial, zusammengetragen in der Fotosammlung „Alt-Kempten“ mit über 1000 Stück.

Die ganze Bandbreite merkt’schen Schaffens auf dem Gebiet der Heimatpflege wird nicht zuletzt deutlich durch die Spezialsammlung Die Sprache des Allgäus.  Hier sind in einem eigenen Schrank 12 Karteikästen über die Allgäuer Mundart mit besonderer Berücksichtigung Kemptens nach wissenschaftlichen Grundsätzen zusammengestellt. Die Karteikarten wurden von einzelnen Mitarbeitern des seinerzeitigen Heimatdienst Allgäu ausgefüllt. Die Leitung hatte der aus Kempten stammende Würzburger Sprach­wissenschaftler und Oberstudiendirektor Dr. Karl Weitnauer (1874-1934) inne, der sein Leben ganz der Dialektforschung verschrieben hatte. So viel Merkt selbst getan hat, waren ihm doch zeitliche und persönliche Grenzen gesetzt. Doch hier kam sein ausgeprägtes Organisations­talent zum Tragen: Was er selbst nicht leisten konnte, verstand er meist an tüchtige Mitarbeiter, oft Spezialisten wie Karl Weitnauer, zu übergeben.
Dies waren bei weitem nicht alle Positionen der Sammlung Merkt, doch wird aus dem Geschilderten die Bedeutung der Sammlung für das Stadtarchiv Kempten klar ersichtlich.
Im nächsten Beitrag soll die Sammlung Weitnauer (jetzt Alfred und nicht Karl Weitnauer) vorgestellt werden, welche die Sammlung Merkt hervorragend ergänzt.

Von Dr. Franz-Rasso Böck, Stadtarchivar

  1. #1 von Mayer Richard unter 30. April 2015

    Für die oben angegebene Website brauche ich die Adressen der Haustafeln (Dr. Merkt) in der Gemeinde Altusried. Frage: Wer kann mir helfen diese Adressen zu bekommen?

    Mit freundlichem Gruß Richard Mayer

     
(wird nicht veröffentlicht)
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