Liebe Leser und Leserinnen des Altstadtbriefes,
große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus und so fügte es sich, dass die Stiftsstadtfreunde gleich zu Beginn des Jahres zusammen mit den „Bären“–Schützen im Rahmen des erstmals durch die Innenstadt ziehenden Faschingsumzuges ausprobieren durften, wie man sich denn so einen Auszug eines Gefängnisses aus der Stiftsstadt vorzustellen habe. Im Herbst 2003 soll es ja soweit sein und die neue Justizvollzugsanstalt ihren Betrieb aufnehmen. Auf Einladung der Rottach–Gilde fanden sich spontan genügend begeisterte Darsteller ein, um eine Abordnung in Abteilung Nr. 5 des Faschings-Umzugs auf die Beine zu stellen.
Es war ein riesiger Spaß vor, während und nach dem Umzug und zum Glück durften alle Teilnehmer nach getaner Arbeit erst ins Festzelt und dann nach Hause gehen. Sie mussten nicht hinter haushohen Mauern einpassieren. An der Stelle des „ehemaligen Gefängnisses“ an der Weiherstraße ist Wohnbebauung mit umgebender Begrünung und Anschluss an das wiederzubelebende Fußwegenetz vorgesehen. Das Hafnergässle soll dann wieder durchgängig werden und der jetzige Spielplatz an der Weiherstraße aus seinem stiefmütterlichen Dasein neu erblühen. Wollen wir trotz angespannter finanzieller Lage der öffentlichen Hand hoffen, dass diese Vorstellungen bald Realität werden und neuer Wohnraum mit hoher Lebensqualität im Herzen der Stadt entstehen kann. Große Wohnungen, kinderfreundlich, ruhig, naturnah, erschwinglich. Das steht auf unserem Wunschzettel.
Aber auch der Süden der Stadt wirft Schatten, die man bis in unsere nördliche Stiftsstadt wahrnimmt. Ebenfalls im Herbst 2003 lädt das Forum Allgäu zusammen mit seiner Iller-Box bzw. dem Big Komplex –oder wie immer das auch heißen mag– zur Eröffnung und wird viele Menschen aus nah und fern anziehen. Shopping, Erlebniswelt und bequemes Parken, alles unter einem Dach, das sind die Zauberworte, mit denen man sich tägliche Besucherströme erhofft, die mehr als der Hälfte der Kemptener Einwohnerschaft entsprechen. Hoffen und wünschen wir uns, dass die Konzepte der Initiatoren und Verantwortlichen aufgehen werden und genügend Impulse für das übrige Stadtgebiet und das Umland übrig bleiben, um auch dort funktionierende Strukturen nicht zu zerstören. Der Zug fährt mit Volldampf. Jetzt kommt es auf die Betroffenen an, sich entsprechend zu positionieren und sich auf ihre Stärken zu besinnen. Möge dies besser und souveräner gelingen, als dies bei der traurigen und unendlichen Geschichte um die Weihnachtsbeleuchtung in der Fußgängerzone geschieht.
Die Platzgestaltung um die St.-Lorenz-Basilika hat mit dem Abschluss der Bauarbeiten an Residenz– und Kornhausplatz einen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Mit einem rauschenden Fest konnte der Residenzplatz im Juli den Bürgern übergeben werden. So kommen „unsere Schätze“ wie die Basilika, die Residenz, sowie Einzelobjekte wie Stiftsgaststätte, Kornhaus und einzelne private Häuser noch besser und angemessen zur Geltung. Der neue Brunnen – während der Bauzeit und darüber hinaus durchaus umstritten – ist, so meine ich, ein gelungener neuzeitlicher Ansatz für künstlerische Gestaltung in der Umgebung historischer Bauwerke. Es war schon gut, dass dieses moderne Objekt noch vor den ersten Frösten in Betrieb gehen und die „Wasserschnüre“ das Licht der tiefen Novembersonne in tausende glitzernde Diamanten verwandeln konnte.
Wichtig ist nun, dass die Einheit der drei Plätze mit der Sanierung des Hildegardplatzes vollends hergestellt und nicht auf die lange Bank geschoben wird. Auch wenn die städtische Haushaltslage unter einem schlechten Stern steht.
Im Anschluss ans Kornhaus zeigen die vollendeten Straßenbaumaßnahmen in der Herbst- und der Sängerstraße, dass altstadtgerechte Pflasterung kein Hindernis für Begehbarkeit und Nutzungsvielfalt sein muss. Hochwertige Bodengestaltung, Anwohner-Parken, Spielstraßen und historische Bausubstanz sind die Zutaten, die zu einer beschaulichen Gestaltungs– und Lebensqualität beitragen. Nicht nur für die Bewohner, sondern auch für Besucher und Gäste. Einzelne Hausbesitzer ließen sich bereits anstecken und trugen mit der Renovierung der Fassaden ihrer angrenzenden Häuser zur Verschönerung des Gesamtbildes bei. Erfreulich, dass so etwas ohne „Schicki-Micki“ geht und man sich an die traditionellen Bauformen hält.
Diese und weitere Themen, wie Parken in der Stiftsstadt allgemein und aktuell das „Parkhaus an der Prälat-Götz-Straße“, ja oder nein? oder die sinnvolle Nutzung und Belebung der Maria-Ward-Schule an der Fürstenstraße werden uns auch im nächsten Jahr sicher noch weiter beschäftigen. Am Tag des Denkmals konnten sich Interessierte u. a. über die Vergangenheit des Kapellenplatzes informieren. Schön, dass auch einige Altstadtfreunde zu uns fanden und ihre Verbundenheit mit der Neustadt zum Ausdruck brachten. Bei allen großen und kleinen Themen darf natürlich die Freude am Leben nicht zu kurz kommen. Unser alljährliches Stiftsstadtfest ist schon fast nicht mehr wegzudenken. Ebenso wie die vorweihnachtliche musikalische Einstimmung in der Seelenkapelle mit den Kindern der Fürstenschule und heuer auch mit Kindern der Maria-Ward-Schule.
Lassen Sie mich bitte auch heuer wieder Danke sagen an Sie, die Altstadtfreunde, an unsere Mitglieder und alle diejenigen, die durch ihre selbstlose Unterstützung und ihren aktiven Einsatz unseren Verein mit Leben erfüllen und zur Erreichung unserer Ziele beitragen. Die Stiftsstadtfreunde wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit, besinnliche und weiße Weihnachtstage, Gesundheit und Zufriedenheit fürs Neue Jahr.
Ihr Dipl. Ing. Michael Schuster, 2.Vorsitzender Stiftsstadtfreunde e.V.