Dieses Mal ist rundum Erfreuliches zu melden vom Stand des Projekts „Beginenhaus” und dem Förderverein, der sich die denkmalgerechte Sanierung und schonende Nutzung dieser mittelalterlichen Gebäude in Kemptens Altstadt zur Aufgabe gemacht hat. Das Gebäudeensemble Burgstraße 3 und 3a ist seit 8. November wieder im Eigentum der Stadt Kempten. Damit wurde der Beschluss des Bauausschusses vom November 2004 umgesetzt. Der neue Besitzer, die Städtebaugesellschaft, hat mit dem Förderverein eine Vereinbarung abgeschlossen, in der die Rahmenbedingungen für das weitere Vorgehen festgehalten wurden.
Bereits im September 2005 konnte der Förderverein dank des freundlichen Einverständnisses des damaligen Eigentümers, der Fa. Dobler, mit seinen Arbeiten in den Häusern beginnen. Wichtig war es, noch vor dem Wintereinbruch verschiedene Notsicherungs- und Reparaturmaßnahmen auszuführen: Zum einen wurde die seit langem defekte Dachrinne an der Südseite des Beginenhauses komplett erneuert (Abbildung 1). Damit konnte der schädliche Feuchtigkeitszufluss im Bereich der Balkonwand und der Fußpunkte des Dachstuhls gestoppt werden. Zum anderen werden demnächst Zuganker den Dachstuhl des Vorderhauses stabilisieren, womit auch der Schneedruck auf der großen Dachfläche gemildert werden kann.
Der Arbeitsschwerpunkt in den nächsten Monaten ist die Erstellung des sanierungsvorbereitenden Gutachtens, dessen Kosten überwiegend das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege übernimmt. Die schnelle – und großzügige – Bewilligung der Gelder zeigt, dass die Denkmalschützer dem Beginenhaus einen besonders hohen Denkmalwert zuerkennen und das Sanierungsvorhaben des Fördervereins voll und ganz unterstützen. Auch zusätzliche Bauuntersuchungen und fachliche Hilfen durch Mitarbeiter des Landesamtes beweisen die große Bedeutung und den hohen Rang der Häuser im gesamten bayerischen Denkmalbestand.
Besonders erfreulich ist, dass Prof. Dr. Gert Mader, der ehemalige Leiter der Abteilung Bauforschung im Denkmalamt, seine alte Liebe zu Kemptens Baudenkmälern auch in seinem Ruhestand nicht vergessen hat: Er wird dem Förderverein weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen, wofür wir ihm sehr dankbar sind. In den nächsten Wochen erarbeiten die beauftragten Statiker und Restauratoren ihre Teile des Gutachtens. Dipl.-Ing. Christine Schmidt koordiniert die Arbeiten, erstellt als ersten Schritt außerdem eine Schadenskartierung und ergänzt die Bauuntersuchung und -dokumentation. Der Förderverein fertigt als Grundlage für das gesamte Gebäudeensemble ein detailliertes Raumbuch an, das umfangreiche Fotodokumentationen und Beschreibungen aller Räume und Bauteile einschließt. Ebenso werden darin alle bisherigen Erkenntnisse über die Baugeschichte zusammengefasst.
Die bedeutenden Vorarbeiten von R.-J. Müthe in den 1980er Jahren und R. Hillmann 2002 werden einfließen. Im nächsten Jahr werden weitere Teile des Gutachtens, wie z.B. die Sanierungs- und Finanzplanung, fertiggestellt werden. Um alle Untersuchungen und Fotoarbeiten durchführen zu können, ist die Reinigung und Entschuttung der Häuser wichtig. Auch die Dokumentation und Bergung von archäologischen Funden und Befunden steht an. Alle diese Aufgaben bewältigt der Förderverein. Wer aktiv dabei mithelfen will, z.B. durch Mülltransportfahrten oder Brotzeitspenden, ist jederzeit sehr willkommen. Ebenso freuen wir uns über Geldspenden zur Anschaffung der notwendigen Arbeitsgeräte und Schutzkleidung. Ein großer Kostenfaktor zu Beginn war die Sicherstellung der Stromversorgung auf der Baustelle.
Wenn Sie uns unterstützen möchten, wenden Sie sich bitte telefonisch, per Fax oder Mail an Frau Ilka Knöpfel in Kempten:
Tel. 0831/5408636, Fax: 5408637,
Mail: info@ilka-knoepfel.de
Ilka Knöpfel hat für den Verein eine neue Infobroschüre gestaltet, die wir Ihnen gerne zusenden. Auf unserer, ebenfalls von ihr „designten” Homepage www.beginenhaus-kempten.de können Sie sich laufend über den Fortgang der Arbeiten informieren. Dort finden Sie auch alle bisher erschienenen Zeitungsartikel zu unserem Projekt und Aufsätze zur Geschichte der Gebäude sowie weiterführende Literaturhinweise.
Vom Tag des offenen Denkmals am 11. September 2005 haben wir ebenfalls Fotos ins Netz gestellt (Abbildung 2). Das diesjährige Thema des Denkmaltages hieß „Krieg und Frieden”. Weil im Nonnenturm der einzige Wehrgangabschnitt der Kemptener Stadtmauer, der innerhalb eines Gebäudes noch original erhalten ist, vorhanden ist, wurden die Häuser dieses Jahr in den Rundgang zu den Stadtmauerteilen in der Brennergassenvorstadt und unter der Burghalde einbezogen. Bei den sehr gut besuchten zwei Führungen sowie untertags sahen sich mehr als 200 Interessierte das Beginenhaus an. Die Infotafeln zur Geschichte der Gebäude sowie der Stadtmauer allgemein stießen ebenso auf Begeisterung wie der leckere Kaffee und Kuchen, den der Förderverein im Innenhof seinen Gästen servierte. Viele beschlossen ihre Besuchsrunde der Kemptener Veranstaltungen an diesem Tag an den gedeckten Tischen im Beginenhaus und genossen die besondere Atmosphäre.
Auch am Tag des offenen Denkmals freuten wir uns über die gute Zusammenarbeit mit unseren neuen Nachbarn, dem Architekturbüro Maucher & Höß. Die beiden Architektenehepaare sanierten in diesem Jahr das Nebengebäude, das früher der Fa. Nussmann als Lager diente und am Denkmaltag ebenfalls besichtigt werden konnte. Dieses auf den ersten Blick eher unscheinbare Gebäude ist eines der besterhaltenen mittelalterlichen Baudenkmäler Kemptens. Zwei der Außenwände gehören bis zur Dachkante zur älteren Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert, die hier im 90°-Winkel in Richtung Illertor umbiegt. Im Gebäude sind eine hochmittelalterliche Mauer von einem Vorgängergebäude, Fensteröffnungen und Schießscharten des 14. Jahrhunderts, eine Balkendecke der Zeit um 1500 und eine außergewöhnlich vollständig erhaltene historische Fenstergruppe vorhanden. Die Architekten Maucher & Höß haben sich dem wertvollen Baubestand mit großer Behutsamkeit angenommen. So ließen sie die historischen Wände frei von Eingriffen und Installationen; alle Leitungen verlaufen in den neuen Innenwänden. Die interessanten Mauerstrukturen der historischen Mauern bleiben ungestört sichtbar. Fenster und Türen wurden in vorhandene Öffnungen gesetzt.
Der Förderverein Beginenhaus begrüßt diese denkmalgerechte Sanierung sehr. Damit ist ein weiterer großer Schritt getan, um aus dem Häuserzug an der Stadtmauer in der Burghaldegasse ein Modell für den denkmalgerechten Umgang mit solch wertvoller Substanz zu machen. Einmal mehr wurde bewiesen, dass auch jahrhundertealte Gebäude schonend saniert und modern genutzt werden können.
Dies ist auch unser Vereinsziel für das Beginenhaus und den Nonnenturm, die nun endlich aus ihrem mehr als 20-jährigen Dornröschenschlaf geweckt werden.
Unterstützen Sie bitte dieses Projekt im Herzen der Altstadt!
Von Birgit Kata